Analog- zur Digitalfotografie
Beitrag mit Werbung für eigene Produkte
- Mehr erfahren
Es gab und gibt keine klare Grenze, die den Übergang von der Analog- zur Digitalfotografie markiert – vielmehr war es eine schrittweise, fließende Veränderung. Für jemanden, der über 60 Jahre alt ist und die Fotografie seit den frühen* Tagen des analogen Films begleitet, ist diese Entwicklung nicht nur technischer Natur, sondern betrifft auch die Art, wie wir die Welt sehen und interpretieren. In meiner Arbeit als Fotograf habe ich zwei Welten erlebt – die der klassischen Fotografie mit Film und die der digitalen Ära. Am meisten fällt dabei auf, wie sehr unsere Lebenserfahrung unsere Bildgestaltung prägt.
Ich erinnere mich noch gut an meine ersten Versuche, die Kamera zu verstehen. Es gab keine sofortige Rückmeldung – die Bilder mussten erst entwickelt werden, was Tage, manchmal Wochen später erfolgte. Jedes Bild war ein Experiment, dessen Ergebnis erst nach der Entwicklung sichtbar wurde. Die Arbeit mit Film verlangte Sauberkeit, Geduld, Präzision und ein intensiveres Auseinandersetzen mit dem Moment. Jeder Klick des Auslösers war von einer besonderen Ernsthaftigkeit begleitet. Man musste den richtigen Augenblick erkennen, ohne das Ergebnis sofort zu wissen. Diese Art des Fotografierens war für uns keine Einschränkung – es war einfach normal.
Mit dem Übergang zur Digitalfotografie kam das, was viele als Erleichterung empfanden: die sofortige Rückmeldung. Die digitale Technik ermöglichte es, Bilder in Sekunden zu sehen und anzupassen. Die Zahl der Aufnahmen war nicht mehr begrenzt, und die Dunkelkammer wich der Bildbearbeitung am Computer. Doch trotz dieser Vorteile spürte ich, dass ein Teil des ursprünglichen Zaubers verloren ging. Die Ruhe in der Dunkelkammer, das Einfädeln von Filmen, das gedämpfte rote Licht und der Geruch der Entwicklerflüssigkeiten – all das verlieh dem Schaffen von Bildern eine fast zeremonielle Bedeutung. Heute ist alles schneller – aber nicht unbedingt besser.
Was sich jedoch nicht geändert hat und sich nicht ändern wird, ist der individuelle Blick des Fotografen. Im Kern sind es nicht die Pixel oder die neuen Kamerafabrikate, die ein Bild ausmachen, sondern der besondere Moment, die Kameraeinstellung und das, was der Fotograf sieht und spontan festhalten möchte. In meinen Jahren hinter der Kamera habe ich viele solcher Momente erlebt, die mich in besonderer Weise geprägt haben und meine Perspektive auf die Welt nachhaltig beeinflussten.
Es ist schwer, diese Erfahrung in Worte zu fassen, ohne den Eindruck zu erwecken, es ginge nur um „meine“ Art zu fotografieren. Aber wer über Jahre hinweg in verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichen Techniken gearbeitet hat, merkt schnell, dass der Blick, den wir als Fotografen entwickeln, uns von denjenigen unterscheidet, die gerade erst beginnen. Es geht nicht nur um den Fokus auf das Bild, sondern auch um das, was nicht zu sehen ist – was zwischen den Bildern liegt, was zwischen den Momenten existiert, was die Geschichte ausmacht, die wir erzählen wollen.
Die jüngere Generation ernsthafter Fotografen kann viel von denen lernen, die schon viele Jahre hinter der Kamera stehen. Es geht nicht nur darum, die neueste Technik zu beherrschen, sondern auch darum, wie wir als Menschen die Welt wahrnehmen, was wir daraus schöpfen und wie wir es in einem Bild festhalten. Die digitale Revolution hat uns die Freiheit gegeben, die Technik hinter der Fotografie intuitiver zu beherrschen – doch es ist die Lebenserfahrung, die uns ermöglicht, mit dieser Technik wirklich etwas zu sagen.
* Mit ‚frühen Tagen‘ sind nicht die ersten Tage gemeint. Tatsächlich hat mein Großvater, der mir meine ersten Schritte in der Fotografie zeigte, aber noch mit einer Lochkamera und Glasplatten gearbeitet.
Über den Autor
Hans Diego Rose
„Hallo und herzlich willkommen“. Ich bin Fotograf, Foto-Coach und Location-Scout. Gemeinsam werden wir unsere Reiseziele mit der Kamera erkunden und unsere Erlebnisse in aussagekräftige Bilder umsetzen.
Weitere Artikel: Kolumnen
Hummelstr. 16, 79100 Freiburg, Deutschland
Telefon: +49 (0)761 73114
Veröffentlicht: 20.11.2024
Aktualisiert: